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21.11.2002
Nur auf niedrigere badische Dämme hingewiesen
WÖRTH: "dm"
wirft rheinland-pfälzischen Behörden unzureichende Informationen vor -
"Erst durch Elbe-Flut sensibilisiert"
Die "dm"-Drogeriemarktkette hat allein wegen der Hochwassergefährdung
das geplante Verteilzentrum in Wörth gekippt. "dm" hatte ein eigenes
Gutachten in Auftrag gegeben, weil die Auskünfte der rheinland-pfälzischen
Behörden zu diesem Thema unzureichend gewesen seien, so gestern Michael
Kolodziej, der in der Geschäftsleitung des Karlsruher Unternehmens für Logistik
verantwortlich ist. Zur Frage, ob die Stadt Wörth eventuell von "dm"
einen Teil ihrer Kosten erstattet bekommt, sagte er zur RHEINPFALZ: "Das
kann ich mir überhaupt nicht vorstellen."
Die Kosten der Entscheidung für "dm" liegen laut
Kolodziej "im Millionen-Bereich". Zudem müsse das Unternehmen jetzt
schnell einen neuen Standort in der Region finden: "Wir brauchen das neue
Verteilzentrum funktionsfähig im Frühjahr 2004."
Die Entscheidung für den Standort Wörth sei im Januar aus zwei Gründen
gefallen: einmal die gute Verkehrsanbindung, zweitens das entsprechende
Arbeitskräftepotential. Das Jahrhundert-Hochwasser an der Elbe mit seinen
Dammbrüchen habe "dm" für diese Problematik sensibilisiert. Bei einer
Anfrage an die Stadt Wörth Ende August sei die Firma an das Neubauamt Speyer
verwiesen worden. "Wir erhielten von Speyer die etwas lakonische Antwort,
dass die Dämme auf der rheinland-pfälzischen Seite höher als auf der badischen
seien, das Risiko sei deshalb gering", sagte Kolodziej. Unter anderem habe
es geheißen, wer ein neues Auto kaufe, wisse, dass auch Autos mal stehen
bleiben können und kaufe trotzdem eines. Vor diesem Hintergrund habe
"dm" ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben.
Hochwasser: Mehr und öfter
Dessen Ergebnis stellte der Gutachter Professor Dr.-Ing. habil. Hans Helmut
Bernhart (Universität Karlsruhe) selbst vor. Er sagte einleitend, dass
eigentlich alles bekannt sei: mittlerweile fehlen dem Rhein fast 60 Prozent der
Rückhalteflächen, die Hochwasser kommen immer öfter, die Scheitel werden immer
höher. Alarmierend sei hierbei die Häufung von extremen Hochwasser-Ereignissen
in den Jahren seit 1980 (siehe Grafik auf Wasser - Startseite).
Dies sei eine Folge der Klimaveränderung, von der mittlerweile in der
Wissenschaft unbestritten sei, dass es sie gebe, so Bernhart. Diskutiert werde
lediglich noch die Ursache: ob sie von Menschen gemacht oder Folge natürlicher
Zyklen sei. Grundsätzlich sagt Bernhart weiter, dass absoluter Schutz gegen
Hochwasser nicht möglich sei. Das Wasser kann höher steigen, als in den
Berechnungen für den Damm vorgesehen, und auch Dämme können brechen. Deshalb
betrachte er die gesamte Rheinniederung bis zum Hochgestade als potentiell
hochwassergefährdet; die Bebauung und die Gebäude müssten entsprechend
angepasst sein.
Bezogen auf den konkreten Standort des geplanten Verteilzentrums sagte
Bernhart, dass das Gelände bei 8,50 Meter am Pegel Maxau schon zwei bis drei
Meter unter dem Wasserspiegel des Rheins liege. Aus Sicht der Stadt Wörth sei
es verständlich, dass sie nach Möglichkeiten zur Weiterentwicklung suche und
diese auch nutze, solange ein Verzicht allein zu ihren Lasten gehe.
Solidarische Lösungen seien gefragt. Von der "dm"-Entscheidung erhofft
er sich eine "Signalwirkung". Die Gemeinden dürften nicht weiter
entgegen dem Rat von Fachbehörden Bau- und Gewerbegebiete ausweisen.
"Im Schadensfall blieben Hunderte von Filialen ohne Ware, weil neben dem
Baukörper auch Zufahrtswege und Versorgungseinrichtungen betroffen wären",
hält Kolodziej den Bau des Verteilzentrums auf dem früheren Mobil-Oil-Gelände
für "unverantwortlich". Dies gelte auch mit Blick auf die möglichen
Infrastruktur-Schäden, die der Steuerzahler zu tragen hätte.
Die Flut an der Elbe habe die Menschen in Deutschland mit 7,6 Milliarden Euro
belastet, der Regionalverband Mittlerer Oberrhein schätze die Schäden bei einem
vergleichbaren Hochwasser am Rhein allein im Raum Karlsruhe auf 1,5 Milliarden
Euro, so Kolodziej.
Quelle: RON - RHEINPFALZ ONLINE, Freitag, 15. Nov , 03:45 Uhr
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